Diese Betroffenen haben (zumeist schon in der Kindheit) die Erfahrung gemacht, dass Leistung nicht zu Lob, sondern zu Bestrafung führt. Statt, dass man ihnen gesagt hätte, was sie gut gemacht haben, hat man ihnen gesagt, wie schlecht sie sind. Selbstausbeutern hat man - im Vergleich dazu - "nur" gesagt, was sie noch nicht gut genug gemacht haben. Miesmacher neigen dazu, sich nach einer erfüllten Leistung selbst (meist in der "Du-Form") zu beschimpfen oder sich zu kritisieren, egal, wie gut das Ergebnis auch gewesen sein mag. Hier finden oft überhaupt keine Leistungs-Belohnungs-Verhandlungen mehr statt, und auch "Lock-Angebote" nutzen nichts, weil der Betroffene die tief verwurzelte Erfahrung besitzt, dass nur Bestrafung auf ihn warten würde, wenn er eine Handlung aufnimmt. Der Miesmacher fokussiert sich bei der Reflektion seiner Leistungen fast ausschließlich auf den unerledigten Großteil, wodurch die schon erbrachte Leistung entsprechend winzig, und daher nicht anerkennenswert erscheint - nicht einmal dann, wenn sie tatsächlich perfekt wäre, oder überdurchschnittlich groß ist.
Typischer Satz: "Uuuh, du hast fünfzehn Minuten lang Geschirr gespült, und dafür willst du jetzt wohl auch noch ein Lob, oder was? Fehlen ja nur noch 3480 Teile. Du Lusche." Oder: "Ich hab heute nur XY geschafft."
Miesmacher und Selbstausbeuter wirken auf den ersten Blick recht ähnlich. Beim Selbstausbeuter geht es allerdings mehr um die "Bewertung der Leistung", beim Miesmacher um die "Bewertung der Person". Selbstausbeuter haben eher Dinge gehört wie: "Für den Anfang ganz okay, aber schau, da hast du einen Fleck vergessen." Sie wünschen sich, dass der Beurteilende mal sagt: "Hervorragend! Besser kann man es nicht machen!" Miesmacher haben häufiger Dinge gehört wie: "Was kannst du eigentlich?!" oder "Du bist doch echt noch zu blöd, einen Topf zu spülen!" Beides mündet früher oder später in den Unwillen, Handlungen aufzunehmen, aber das haben ja alle Typen gemein - wenn auch aus unterschiedlichsten Gründen.
Wichtigste Selbsthilfemaßnahme: Belohne dich lieber "nach erbrachter Arbeitszeit", als "nach Ergebnis", und verhandle dementsprechend lieber Zeiteinheiten, als abgeschlossene Aufgaben. Widersprich, wenn du (oder andere) dir eine Leistung madig zu reden versuchen. Wenn du nicht laut widersprechen kannst, widersprich in Gedanken. Mach dir bewusst, dass das Genörgel nur ein gut gemeinter, aber schlecht gemachter Versuch ist, dich anzutreiben, und benutze den besseren Weg der positiven Motivation.
Was dir, wie kaum einer anderen Gruppe fehlt, ist das Selbst-Vertrauen. Wir nehmen "Selbstvertrauen" sehr wörtlich. Von seiner Bedeutung her heißt es, das Vertrauen in sich selbst zu besitzen, dass das, was man mit sich selbst vereinbart hat, auf jeden Fall eingehalten wird. Wenn ich mit mir vereinbare, dass ich fürs Küche putzen eine Pause, ein Stück Kuchen und eine Tasse Kaffee bekommen werde, ich daraufhin die Küche putze und nichts bekomme außer Gemecker, dann werde ich die Küche beim nächsten Mal noch weniger putzen wollen als jemand, der gar nichts bekommt, aber wenigstens nicht noch angepampt wird. So gesehen haben Miesmacher nicht bloß keine Motivation, sondern "Minus-Motivation", also tiefen Widerwillen, und evtl ein besonders starkes Gefühl von Sinnlosigkeit.
Fange deshalb besonders kleinschrittig an, um zu dir stückchenweise das Vertrauen aufzubauen, dass sich die Spielregeln nach dem Leisten inzwischen geändert haben, und du nicht mehr von dir selbst beschimpft werden wirst, wenn du fertig bist. Besonders kleinschrittig anzufangen schützt dich auch vor den gefürchteten Misserfolgen, die ja deiner Erfahrung nach eine besonders negative Reaktion nach sich ziehen. Formuliere deine Aufgabenstellungen also so, dass du "idiotensichere Erfolge" erzielst, und es möglichst wenig "Versagensspielraum" gibt. Man kann nichts daran falsch machen, ein Kalenderblatt umzudrehen, die Klorolle auszuwechseln oder eine Kaffeetasse zu spülen. Richtig formuliert sind all diese Dinge "belohnungsfähige Leistungen" - mit Erfolgsgarantie. So wird es natürlich nicht bleiben. Mit wachsendem Selbst-Vertrauen erweitert sich auch dein Handlungsrahmen - du fängst an, dir selbst mehr zuzutrauen, und hörst auf, dich vor dem Misserfolg zu fürchten.
Miesmacher brauchen entweder größere Belohnungen als andere, oder sehr viel kleinschrittigere Aufgabenstellungen.
Nutzt diese Selbsthilfemaßnahme nichts, empfiehlt sich z.B. eine kognitive Verhaltenstherapie.
Man muss ausprobieren. Vom nachdenken, lesen und schreiben alleine passiert nichts.