An dieser Stelle erstmal ein riesen Danke an Sprudel für die vielen Mühen und vielen Informationen rund um das ganze Thema... Schon sehr interessant alles zu lesen.. wenngleich ich manches auch nur überfliege. Ich musste als ich den Bereich Belohnungen durchgelesen habe feststellen bzw mich drängte immer die Frage hmm womit soll ich mich langfristig belohnen.. Klar für meinen aktuellen Status das ich meine Wohnung begehbar machen wi?l ist die Belohnung klar... dann hab ich endlich mein geliebtes Internet wieder. Aber was ist danach... werde ich weiter machen... habe ich dann immer noch genug Motivation den rest der Wohnung noch sauber zu bekommen um irgendwann auch mal wieder Besuch empfangen zu können? Ein normales leben zu führen.. Klar in meinen aktuellen Gedanken ist das Vorhaben da und ja tatsächlich freue ich mich schon drüber... Ich befürchte aber wenn mein Internet wieder da ist das ich wieder zum Gammler werde... Mein typischer Tagesablauf war.: halb 6 aufstehen meistens ohne Frühstück ausm Haus zur Arbeit zu 7 Uhr ab 15 Uhr bin ich wieder Zuhause. PC wird angmacht... meistens.logge ich mich in die Online Welt ein gehe in einem TS vom Radio quatsch ein wenig meld mich dann afk und hau mich für nen stdchen hin und schau dabei fern. Abends ist dann meistens viel Unterhaltung dort im Radio wo ich viel Spaß habe und einige tolle Leute kennengelernt habe mit denen ich gerne rede und zeit verbringe. In der Regel bin ich dann gegen 22 Uhr im Bettchen... Einkaufen wird so nebensächlich gemacht... mal schnell nach der Arbeit in den laden rein... essen kochen.. tu ich für mich alleine eher selten... meistens etwas was halt schnell in die Pfanne gehauen werden muss... Wenn ich nen Tag frei habe sieht es ähnlich aus. Also von dem das ich halt seehr seehr viel Zeit im Internet oder mit Fernsehen verbringe... Wenn ich das so richtig verstanden habe belohne ich mich viel zu viel genau weil mir diese Dinge Spaß machen. Hmm also wenn man es logisch betrachtet muss ich mich doch dann demnächst erstmal damit bestrafen indem ich mir diese Dinge einfach nur noch als Belohnung gönne. Wäre schon ein massiver Einschnitt in mein Leben... ob das funktionieren kann? Oder bin ich da auf dem Holzweg bei den Gedanken? Grundsätzlich wäre natürlich gerade aktuell die beste Gelegenheit damit anzufangen weil ich gerade sozusagen einen Entzug erlebe und (um bei dem Bild zu bleiben) gerade die schwierige Entgiftung hinter mir habe... Aber nochmal die frage ist das der richtige Weg? Kann man sich unx sein Verhalten dauerhaft so von jetzt auf gleich verändern? Oder muss ich wirklich in Richtung Therapie Gedanken denken...
Die Sehnsucht nach einem normalen Leben kann bereits eine starke Motivation sein. Du bekommst etwas Gutes für deine Mühen. Das Problem hierbei ist, dass es manchmal zu lange dauert, bis das Ziel erreicht wurde und die Belohnung kommt. Vom Extrem weg bis hin zur Normalität können viele Wochen, sogar Monate vergehen - sofern man auf Selbstausbeutung verzichten will, oder auch, wenn man nicht weiß, wie man die Entsorgung ad hoc regeln soll.
Deshalb geht es darum, das Leben Schritt für Schritt normaler zu machen, nicht sprungartig, sondern langsam und kontinuierlich in die Normalität überzugehen. Zu einem normalen Leben gehört, normale Dinge zu tun. Dinge, die früher mal für einen selbst normal waren, oder Dinge, die für die meisten Leute normal sind, und die man einfach kopiert. Darum nennen wir die anderen "Normalos". Sie sind aus dem negativen Extrem heraus betrachtet erreichbare Vorbilder, im Gegensatz zu Prominenten und Superreichen, die wiederum den Normalos als Vorbilder für ein (scheinbar) perfektes Leben dienen.
Normalos stehen zu normalen Zeiten auf, essen zu normalen Zeiten, gehen zu normalen Zeiten schlafen. Sie machen Feierabend, am Wochenende unternehmen sie was, treffen sich mit Freunden. Manchmal treten sie auf der Stelle, und manchmal entwickeln sie sich weiter. Sie plagen sich mit Geldsorgen, mit Erziehungssorgen, mit Beziehungssorgen. Normalos haben keine Bediensteten, sie müssen ihren Haushalt selbst führen, und zusehen, wie sie alles auf die Reihe bekommen, ohne sich dabei zu zerreißen. Normalos nehmen sich Ausgleich zu harter Arbeit (sei sie nun geistig oder körperlich anstrengend). Sie können nicht ständig in exotische Länder fliegen oder sich teure Autos kaufen, aber sie haben trotzdem Wege gefunden, ihr Leben zu genießen. Sie baden, sie trinken Tee oder auch mal ein Glas Sekt, sie verschönern ihre Gärten, gehen ins Kino, naschen, kaufen sich Schuhe, laden ihre Freunde zum grillen ein, sparen für den Jahresurlaub oder für ein neues Auto.
Aus der Sicht von Normalos ist es nicht sehr erstrebenswert, ein Normalo zu sein. Es ist langweilig, während sie Aufregung wollen. Es ist konservativ, während sie innovativ sein wollen. Ihre Welt ist klein, sie wollen, dass sie größer wird. Die Welt eines im Extrem lebenden Menschen ist noch kleiner, isolierter - er sehnt sich ebenfalls danach, dass sie größer wird, aber die Distanz zwischen dem vermülltem Kellerloch und der Luxusyacht mit George Clooney ist so groß, dass man niemals einen ausreichend gigantischen Antriebsverstärker finden könnte, um sie zu überwinden. Aber aus der Sicht eines Menschen, der im "Gegenteil von Perfektion" sitzt, im Chaos, in Müll und Isolation, in Furcht vor Entdeckung und persönlichem Leid und Kummer, vielleicht Schulden, Übergewicht - für den klingt bereits die Aussicht, einfach mal jemanden einladen zu können, einfach mal nicht mehr Panikanfälle zu bekommen, wenn man Post bekommt, oder es an der Tür klingelt, oder dass man einfach mal ein paar Hosen im C&A kaufen könnte, nach paradiesischen, erstrebenswerten Zuständen.
Nehmen wir als Beispiel mal keinen Menschen im Chaos, sondern einen Menschen, der adipös ist, und es nicht mehr sein will. Der will doch nicht gleich ein Magermodel sein und über die Pariser Laufstege staksen. Es genügt doch erst mal, eine Kleidergröße kleiner anziehen zu können. Sich beim Autofahren nicht mehr fühlen zu müssen wie eine Sardine in Öl. Sich nicht mehr halbtot zu schwitzen und zu keuchen, wenn man mal eine Treppe steigen muss. Laufen zu können, ohne dass einem nach hundert Metern die Füße weh tun. Wenn das Dreifachkinn zum Doppelkinn geworden ist. Wenn man seine Fußnägel wieder selbst schneiden kann. All das IST Lebensqualität! All das IST Motivation. Und all das ist immer einen Schritt näher an der Normalität. Weniger extrem adipös sein, heißt, normaler zu sein. Der Weg von der Adipositas zum Magermodel führt über das Normalgewicht. Und zwischen Normalgewicht und Hungerhaken kann man bereits entscheiden: Wie wohl fühle ich mich mit 50kg zu viel, 15kg zu viel, mit 5kg zu viel, mit 2 Kilo zu wenig? Wie sehe ich aus, wie geht es mir - reicht mir das, oder will ich dünner sein, würde es mich glücklicher machen, noch dünner zu werden - oder will ich inzwischen vielleicht sogar etwas ganz anderes? Das kann man vorher nicht wissen, und man kann es vorher nicht entscheiden. Also warum überhaupt so weit im Voraus planen?
Die Schlussfolgerung daraus ist, sein Leben Schritt für Schritt in die angestrebte Richtung zu bringen. Einfach mal wieder Weintrauben zu essen, oder sich ein paar Schuhe zu kaufen, oder einen Piccolo in der Badewanne zu köpfen, ein kleines Picknick im Park zu machen, auf ein Konzert zu gehen, oder ins Kino. Ja, auch wenn man allein ist, und Sachen allein weniger Spaß machen, als mit anderen. Sie tatsächlich zu machen, macht allein immer noch mehr Spaß, als sie nicht zu machen.
Dazu gehört auch, Dinge in der normalen Reihenfolge zu tun. Erst Geschirr spülen, dann die Serie gucken. Erst Wäsche falten, dann eine rauchen gehen. Erst Klo putzen, dann Kaffee trinken. "also wenn man es logisch betrachtet muss ich mich doch dann demnächst erstmal damit bestrafen indem ich mir diese Dinge einfach nur noch als Belohnung gönne. Wäre schon ein massiver Einschnitt in mein Leben"
Fangen wir mit dem zweiten Satz an: Willst du denn, dass sich dein Leben "massiv" ändert? Wenn ja, worin soll diese Veränderung bestehen? Was stört dich im Jetzt? Der erste Satz ist eine durchaus logische Schlussfolgerung - wenn man eine Kleinigkeit unberücksichtigt lässt, und das ist die unterschiedliche Wahrnehmung des "Gammel-Erlebnisses" gegenüber dem "Belohnungs-Erlebnis". Wenn man gammelt, während man von tausend unerledigten Dingen umgeben ist, kann man niemals richtig abschalten. Immer ist da irgendwo unterschwellig das schlechte Gewissen. Der Gedanke: Lass dich nicht so tief darauf ein, denn später du musst du noch... Wenn man sich entscheidet, erst seine Arbeiten zu erledigen, und sich erst anschließend mit dem zu beschäftigen, mit dem man sich eben gerne beschäftigt, fühlt sich das total anders an. Diese innere Unruhe verschwindet. Wie sehr man gelitten hatte, merkt man oft erst dann, wenn sich der allgegenwärtige Knoten im Magen plötzlich auflöst. Wenn der Blutdruck sinkt, der Stresspegel fällt, das Gehirn von Anspannung auf Lockerlassen umschaltet - vielleicht zum ersten Mal seit Jahren.
Bei Antriebslosigkeit geht es viel um Energie, die fehlt, und die man zurückgewinnen muss. Der Teufelskreis beim Gammeln besteht darin, dass man aus den Gammel-Aktivitäten kaum Energie rückgewinnt, weil man immer unter Strom steht, und nie richtig abschalten kann. Deshalb braucht man immer längere Gammelphasen, um seine Batterien aufzuladen. Darum biete ich dir nun eine andere logische Schlussfolgerung an:
1. Wer nicht aufschiebt, sondern erledigt, kann sich besser entspannen, also auch besser erholen. Mehr Energierückgewinnung in kürzerer Zeit. (Mehr Energie, mehr Zeit) Logisch?
2. Wer seine Belohnungen von "Energie zehrend" zu "Energie liefernd" umstellen kann, der bekommt dadurch mehr Energie, indem er seine Belohnungsmethoden verändert. Logisch?
3. Und wer seinen Haushalt so organisiert, dass es ihn so wenig Energie wie möglich kostet, bis er sich darin wohlfühlen kann, der bekommt ebenfalls mehr Energie und spart Zeit, obwohl der Haushalt besser läuft. (gesparte Energie, mehr Zeit) Logisch?
Man muss nicht mal alles drei auf einen Schlag machen, und schon gar nicht gleichzeitig. Jede einzelne Teilveränderung in nur einer dieser drei Sparten verbessert schon die Lebensqualität. Viele Maßnahmen zusammen bringen extrem viel Energie und eine ordentliche Portion mehr Zeit. Aber schon ein paar davon in die Tat umzusetzen bringt genug Energie und Zeit, um den Haushalt im Griff zu halten, und sich dann immer noch ausreichend intensiv mit dem beschäftigen zu können, was man gerne tut.
Wer alle drei Punkte maximal zu verändern versteht, gewinnt irgendwann dadurch so viel Energie und Zeit, dass er irgendwann gar nicht mehr weiß, wohin damit. Solch ein überdurchschnittliches Maß an Energie ist es, was zu Kreativität führt, zu Bewegungslust, zu Aktivität und Aufregung, zu Innovation. Manche sagen das sogar (in einer Mischung aus Bösartigkeit und Neid) zu anderen Menschen, die aufwändige Kunst geschaffen haben und vorführen. "Wow - du hast wohl echt zu viel Zeit!", sei es nun eine Motivtorte, eine Bleistiftzeichnung, Selbstgestricktes oder ein kunstvoll geschnitzter Halloweenkürbis. Wie oft liest man einen solchen Kommentar unter einem Foto im Netz? Ja, richtig, diese Menschen HABEN zu viel Zeit und zu viel Energie. Deshalb tun sie besondere Dinge, erbringen besondere Leistungen - und je größer das Ausmaß, desto mehr heben sie sich von den Normalos ab. Und werden zu Vorbildern. Künstler, Sportler, Weltenbummler, Menschenrechtler, Yogis oder Musiker. Sie LEBEN unsere Belohnungen. Sie tun, was wir gern tun könnten.
Und dann gibt es da die "Anti-Vorbilder". Trottel, Übergewichtige, Gammler, Lebensunfähige. Wie die Tussi aus Frauentausch, die Frischkäse mit Erdbeergeschmack für gesunde Ernährung hält, oder diese siffigen Schrottplatztypen. Alt gewordene C-Promis, die sich im Dschungelcamp prostituieren müssen. Alles Menschen, die unseren Planeten um kein Iota verbessern. So furchtbare und peinliche Leute, dass sich selbst die größten Lebensversager noch überlegen fühlen können, wenn sie ihre eigenen Leben mit deren vergleichen.
Die Frage ist, wohin DU willst. Du allein. Ich kanns dir nicht beantworten und schon gar nicht für dich festlegen. Schaust du nach unten, wo du auf keinen Fall hin willst, oder schaust du nach oben? Oder schaust du vielleicht einfach geradeaus? Eiferst du Menschen nach, willst du etwas bewegen, etwas lernen, dich weiter entwickeln? Gibt es Dinge, die in deinem Leben fehlen, nach denen du dich sehnst? Träume, Ziele, Visionen, Hoffnungen? Wenn ja, dann hast du immer eine Motivation, aufzuhören zu gammeln. Wenn du zufrieden bist mit allem, so wie es ist, bis auf ein paar Kleinigkeiten vielleicht, dann ändere eben nur die Kleinigkeiten, bis es dir gefällt. Das ist dein gutes Recht. Deine Müllwohnung macht dich unglücklich, und chatten macht dich glücklich? Dann ändere eben nur die Wohnung. Es ist DEIN Leben.
Man muss ausprobieren. Vom nachdenken, lesen und schreiben alleine passiert nichts.
ZitatUnd dann gibt es da die "Anti-Vorbilder". Trottel, Übergewichtige, Gammler, Lebensunfähige.
ZitatSchaust du nach unten, wo du auf keinen Fall hin willst, oder schaust du nach oben?
Diese Aussagen finde ich nicht so gelungen. Schon gar nicht bei Messies. Abwertung erleben sie eh alle Tage.
Jeder ist gleich viel wert, auch der fette Faule ganz unten. Die Problematik liegt nicht außen, sondern innen.
Jeder Mensch ist wertvoll und wunderbar, auch der, bei dem die Würmer aus dem Müll kriechen. Erst wenn man sich wie man ist als wertvoll empfindet, wird man überhaupt die Energie aufwenden um a) herauszufinden, welche Lebensart zum eigenen Charakter passt und b) die Kräfte zusammen haben um sich auf den Weg dahin zu machen.
Und so würde ich sagen, suse: Du bis jetzt schon wunderbar. Und gerade weil du wunderbar bist, hast du es verdient mal zu überlegen, wie du gerne leben möchtest und dir die kleinen Schritte auszugucken, mit denen du deinem selbst gewählten Ziel näher kommst.
wow Sprudel. .. hast dir viel mühe gegeben und viel erklärt... Danke dafür.. das hört sich alles sehr logisch an. Wahrscheinlich mach ich mir viel zu viele Gedanken über das wie es irgendwann sein wird... und sollte mir eher Gedanken um das hier und jetzt und den weg machen wie es normal wird...
Mein Gedanke als ich dieses Thema aufmachte ging eher in die Richtung wie ich mich belohnen kann weil ja hier immer viel von Belohnung geschrieben wird... Wenn ich das nun richtig verstanden habe dann belohne ich mich zukünftig mit der Erkenntnis das es mir besser geht ich mehr Energie habe weil ich kein schlechtes Gewissen mehr habe nichts getan zu haben...?
Ich hatte mir schon überlegt das ich bei jedem Punkt den ich erledige nen Euro in die dose werfe und mir davon irgendwann was schönes gönne... macht sowas sinn???
@tara ich glaube es war mit Absicht diese Wortwahl genommen ohne das es abwertend für eine entsprechende Person zu sein... ich hab ja meinen Titel für das Thema auch so ausgewählt. Aber danke dir auch für deine lieben Worte an mich...
Jeder hat eine andere Art, es auszudrücken. Ich spreche hier für mein Empfinden nicht mit Messies. Ich spreche mit Antriebslosen. Menschen, die in ihrem Leben an einem bestimmten Punkt (der zumeist "Müll" ist, weil Menschen mit Antriebsproblemen nicht wissen, wonach sie suchen sollen, und ich nicht weiß, wie ich sie vor der Katastrophe erreichen könnte) in Lebensumständen feststecken, die sie unglücklich machen.
Für mich ist suse niemand, der Schwierigkeiten hat, sich von Gegenständen zu trennen, sondern ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten (wobei ich ihr an anderer Stelle bereits gesagt habe, dass sie selbstbestimmter ist, als sie vielleicht meint). Ich betrachte und behandle sie nicht wie jemanden, der krank ist, oder der ein psychisches Problem hat, denn das hat sie für mich nicht. Es ist bloß Müll, und sie ist nicht rausgegangen und hat ihn eingesammelt und in ihr Haus getragen wie Vasen oder Modellautos, sondern er kam zu ihr wie zu jedem Normalo. Sie hatte keinen Antrieb, ihn fortzuschaffen, bevor er zum Problem wurde, das ist der einzige Punkt, der sie für mich von einem Normalo unterscheidet. Es käme mir im Traum nicht in den Sinn, sie dafür zu verurteilen, für einen schlechten Menschen zu halten. Wenn das so wäre, wenn ich so denken würde - warum dann all die Mühe hier? Ein Forum erstellen, Guides schreiben, mir den Kopf zerbrechen, neue Methoden entwickeln, alte Methoden überdenken, überarbeiten, manchmal verwerfen...wozu, damit ich was zum lachen hab? Das könnte ich doch viel einfacher haben.
Vielleicht mache ich einen Fehler, wenn ich die Leute, die hierher kommen, normal behandle. Vielleicht sollte ich dahin zurückgehen, sie wieder mit Samthandschuhen anfassen. Mir genau überlegen: Kannste das jetzt so formulieren? Wieder aufpassen, ob ich nicht irgendwo aus Versehen das Wort "müssen" benutzt habe, mit dem ich vielleicht jemanden triggern könnte.
Aber vielleicht ist es auch genau das Richtige, mein Gegenüber einfach mal wie einen normalen Menschen zu behandeln. Über das Thema normal zu reden, über das er sonst mit niemandem reden kann. Sagen was ich denke, und nötigenfalls klarstellen, was ich gemeint habe, wenn es falsch rüberkam. Nicht auslachen, nicht davor weglaufen, nicht unter Druck setzen, nicht verurteilen wie es andere tun - sondern nur nüchtern zu betrachten: Okay, du hast ein Problem, wie können wir vorgehen, um es zu lösen? Und wenn das nicht klappt, denke ich mir eben wieder was Neues aus, bis das Problem gelöst ist, oder bis derjenige nicht mehr wiederkommt. Deshalb steht hier auch: Nicht alles ist hilfreich für jeden einzelnen. Jeder soll sich genau das raussuchen, was ihn persönlich weiterbringt. Und den Rest ignorieren. Ich weiß nicht, was dem einzelnen weiterhilft, deshalb versuche ich, in möglichst viele Richtungen zu denken und zu schreiben, von Antrieb bis zwanghafter Perfektionismus.
Suse stellt Fragen. Die klassischen Fragen des Gammlers (Typ 3). Ich habe extra einen Tag gewartet, bevor ich reagierte, weil ich hoffte, jemand würde die Gelegenheit nutzen, die Fragen mit seinen eigenen Worten und Gedanken zu beantworten. Das ist nicht geschehen. Okay.
Suse fragt: "Wieso sollte ich auf etwas verzichten, erst arbeiten, dann mir nehmen - wenn ich es mir doch auch einfach so nehmen kann?" "Ich finde nichts, durch das ich mich belohnt fühlen würde" Sie fragt, ob es nicht eigentlich eine Bestrafung ist, wenn sie sich die Belohnungshandlungen erst mal verbietet.
Zur Antwort hätte ich schon vorhandene Texte verlinken können, aber die hatte sie offensichtlich schon gelesen, und einiges daran nicht verstanden. Also habe ich versucht, es noch mal anders zu formulieren.
"Aber kaum setzt man sich eine Tasse Cappuccino oder ein alkoholisches Gesöff als Belohnung aus, kommt man ins Rollen ... und hat bald alles im Griff."
Nein, im Gegenteil. Würde man nur Cappucchino oder Alkohol benutzen, hätte man bald gar nichts mehr im Griff. Es ist die Vielseitigkeit, die dafür sorgt, dass man keine Nachteile erleidet. ALLES, was man als Belohnung einsetzen kann, kann süchtig machen. Alles, wonach jemand süchtig ist, ist einseitige Belohnung. Er kennt nichts anderes, er benutzt nichts anderes, sein Gehirn bestellt nichts anderes, nur das, immer nur das. Der eine hängt am PC, der andere trinkt Alkohol, wieder ein anderer isst zu viel, manche nehmen Drogen, missbrauchen Medikamente, shoppen sich pleite. Man kann genauso "Adrenalin-Junkie" werden, man kann süchtig sein nach Aufmerksamkeit, nach Geld, nach Schuhen, nach Macht, nach Popcorn, nach Nikotin, nach Likes, nach Klebstoff, nach Pfefferminzbonbons, nach Haustieren. All das ist Belohnung. Und zwar kamen in jedem einzelnen Fall zwei Komponenten zusammen: 1. Die Erfahrung (dass es funktioniert) und 2. mangelnde Alternativen. In den Slums schnüffeln sie Klebstoff, weil sie sich dann besser fühlen, und weil es nichts anderes gibt. In der Oberschicht koksen sie, shoppen sie, und machen Charity, weil sie es von den Leuten um sich herum gelernt haben, und sich dadurch besser fühlen. In den Slums macht niemand Charity, und in der Oberschicht benutzt keiner Klebstoff. Weils nicht verfügbar ist, oder weils was besseres gibt. Was ich an Belohnungsangeboten aufzähle, ist deshalb immer ein kleiner Querschnitt aus möglichst vielen Kategorien von Belohnungen. Spazieren gehen (Bewegung), Tee trinken (Genuss), baden (innere Ruhe), Serie gucken (Spaß)... und zugleich sollen es Dinge sein, die jeder machen kann, und Dinge, die die meisten Leute schon kennen und ohne Geld, ohne Mühe und ohne viele Vorbedingungen anwenden können. Da gibt es nicht so unendlich viele, deshalb wiederholen sie sich. Jeder kennt Kaffeepause. Jeder hat schon mal gebadet. Jeder ist schon mal spazieren gegangen. Und deshalb kann sich auch jeder daran erinnern und entscheiden, ob es sich für ihn gut anfühlt, oder nicht. Und man kann sich fragen: Wann hab ich das das letzte Mal gemacht? Wann hab ich das das letzte Mal bewusst gemacht und es wirklich genießen können? Die Leute sollen ruhig wissen, dass es ok ist, mal ein Glas Rotwein zu trinken, oder TV zu gucken, PC-Spiele zu spielen, eine Kaffeepause zu machen, ein Eis zu essen, mit ihrer Freundin zu telefonieren, Kreuzworträtsel zu lösen. Sie sollen nur nicht immer bloß diese eine Sache machen, sonst kennt das Gehirn bald nichts anderes mehr, und dann verlangt es genau diese Sache. Dann will es immer Rotwein. Will es immer schlafen. Will es immer PC spielen. Will es immer Adrenalinkicks. Will es immer eine Kippenpause. Das - ist Sucht. Deshalb wird NICHT alles gut, wenn man einfach nur Cappucchino trinkt, dann wird man ein Koffein-Junkie. Oder einfach nur TV guckt, dann wird man ein TV-Junkie. Oder sich Lob und Anerkennung bei anderen abholt, denn dann wird man genau davon abhängig, man wird gewissermaßen süchtig nach den Leuten, die einem das geben, und wenn man Pech hat, nutzen die das für sich aus (missbräuchliches Abhängigkeits-Verhältnis). Die Leute sollen sich darüber klarwerden, dass sie bereits süchtig sind, wenn sie aktuell auf eine einzige Belohnung setzen, und sich nicht vorstellen können, auf sie zu verzichten, oder auch nur sie zu reduzieren oder wenigstens aufzuschieben.
Je mehr Möglichkeiten das Gehirn kennt, je vielseitiger es weiß, sich Gutes zu tun, desto geringer ist die Gefahr, dass einem daraus Nachteile entstehen können. Aber man muss diese Möglichkeiten kennenlernen, um wählen zu können. Man muss sich selbst Erfahrungen machen lassen, um entscheiden zu können, was einem davon am besten gefällt. Wodurch man sich am intensivsten belohnt fühlt. Macht man das nicht, sucht sich das Gehirn eben unter den begrenzten Dingen das eine aus, was am besten funktioniert. Sagen wir, du kennst nur Bananen. Dann hast du eines Tages die Wahl zwischen Orangen und Bananen. Du wählst immer noch Bananen, weil du weißt, dass dir Bananen schmecken. Irgendwann hast du die Wahl zwischen 15 Sorten Obst - und wählst immer noch Bananen. Deshalb sage ich: Sag ausnahmsweise mal nein zur Banane. Probier gezielt Orange. Probier Apfel. Probier Mandarine. Probier Kumquat. Vielleicht schmeckts dir scheiße. Vielleicht schmeckts dir besser als Banane. Woher soll ich das wissen? Deshalb kann ich nicht bloß sagen: Probier unbedingt mal Apfel, das ist toll! Aber was ich weiß, ist dass nur das Probieren ermöglicht, sich für was anderes entscheiden zu können, als immer nur Banane. Das heißt nicht, dass man nie wieder Banane essen darf, aber man kann am einen Tag Banane essen und am anderen Tag hat man vielleicht Lust auf Lychee. Man kann aber nur Lust auf Lychee entwickeln, wenn man Lychee schon mal probiert hat, so wie man nur wissen kann, dass Grapefruit scheiße schmeckt, wenn man sie tatsächlich mal gegessen hat. Die Leute sagen: "Ich kann nicht wählen. Ich hab nur Bananen. Und warum sollte ich irgendwas tun, bevor ich die Bananen essen darf, wenn ich sie mir doch einfach so nehmen kann?". Damit sind sie zufrieden und unglücklich zugleich. Zufrieden, weil Bananen funktionieren, und unglücklich, weil sie tief in sich drin das Gefühl haben, dass es im Leben noch mehr geben könnte außer Bananen, und dass sie was verpassen, wenn sie immer nur Bananen essen. Ohne dieses unglückliche Gefühl wären sie nicht hier gelandet, weil sie dann nie einen Grund gehabt hätten, nach der Veränderung zu googeln.
Und deshalb versuche ich ihnen aufzuzeigen, welche verschiedenen Möglichkeiten sie haben, etwas zu verändern. Ich biete nicht nur Äpfel an (oder Cappucchino oder ein alkoholisches Gesöff), sondern eine unendliche Zahl an denkbaren Belohnungen, die nur eines gemeinsam haben: Dass man sie sich selbst geben kann, auch dann, wenn man eben NOCH NICHT in der Lage ist, sich selbst wertzuschätzen, sich selbst toll und wertvoll und supidupi zu finden. Wenn ich wüsste, wo der Schalter im Kopf ist, der macht, dass man sich selbst wertschätzen und vertrauen kann, sich selbst lieben und so akzeptieren kann, wie man ist, dann würde ich ein Foto davon posten und sonst wär hier alles leer.
"Ja, wir haben es verstanden, du weißt als einzige wie es richtig ist, und die anderen sind dick, dumm, faul und gefräßig."
Wenn du dich mit etwas von dem, was ich schreibe, unwohl fühlst, dich angegriffen fühlst, wenn du meinst, dass ich im Unrecht bin - dann ignorier den Punkt. Ich bin nicht der Nabel der Welt, Buddha oder der heilige Bimbam. Ich habe nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen. Ich maße mir weder an, dass dies die einzig wahre, oder auch nur die beste Möglichkeit ist, wie man vorgehen kann, um sich aus der Antriebslosigkeit zu befreien. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich selbst wirklich verstanden habe, warum es funktioniert, wie es funktioniert. Ich lerne jeden Tag etwas Neues dazu.
"die anderen sind dick, dumm, faul und gefräßig"
dick Ich bin selbst übergewichtig und versuche etwas dagegen zu tun. Ich kann nicht machen, dass ich morgen schlank bin. Aber ich kann entweder aufhalten, noch dicker zu werden, oder jedes Viertelpfund feiern, das ich abgenommen habe, oder ich kann versuchen, mich mit dem zufrieden zu geben, wie ich aussehe. Ich feiere die Viertelpfunde.
dumm Ich lache niemanden aus, weil er dumm ist. Dummheit ist fehlende Bildung. Da könnte ich auch über jemanden lachen, der nichts zu essen hat, oder keinen Zugang zu Trinkwasser. Mehr dazu weiter unten.
faul Ich vertrete die These, dass so etwas wie "Faulheit" gar nicht existiert. Ich kann nicht machen, dass die Gesellschaft "Faulheit" gegenwärtig als nicht wegzudiskutierenden Fakt betrachtet. Aber ich kann meine Gegenthese ins Netz stellen und andere Menschen auffordern, "Faulheit" zu hinterfragen. Ich kann sagen: "Faulheit ist keine Erklärung, die mich zufriedenstellt." Das ist mein Weg, gegen "Faulheit" vorzugehen. Mein Wunschtraum wäre es, dass wir eines Tages gesamtgesellschaftlich nicht mehr von Faulheit sprechen würden. Dass wir uns nicht mehr damit zufrieden geben, dass manche Menschen "eben fauler sind als andere". Dass kein Mensch mehr pathologisiert wird, nur weil er noch nicht das gefunden hat, was ihn antreiben kann, der Mensch zu werden, der er sein will. Ich träume davon, dass es irgendwann nicht mehr heißt "Ach, lass den einfach. Da kann man nix machen. Dem kann man nicht helfen." Also du kannst mir alles vorwerfen, aber das nicht.
Wenn ich die zwei Gruppen von Menschen betrachte, die ich erwähnt habe: Die positiven und die negativen Vorbilder, dann spreche ich mit dem Menschen dazwischen.
Ich finde keines von beidem gut, weder überlegen fühlen, noch anbeten. Und es tut mir Leid, wenn das nicht deutlich genug rübergekommen ist. Es war nicht meine Absicht, die eine oder andere Gruppe auf- oder abzuwerten, sondern es ging mir um die Person dazwischen. Die Person, die diese Dinge wahrscheinlich auch schon im Fernsehen oder auf Youtube gesehen hat, und sich Gedanken dazu macht.
Vorbilder und abschreckende Beispiele sind die bekanntesten Wege, Motivation zu erzeugen. Entweder nach unten abgrenzen (und treten), oder nach oben sehnen (und buckeln). Nur zu gucken "So wäre ich gerne" oder "So wäre ich nicht gerne" allein bringt dich nirgendwo hin. Zu gehen, bringt dich irgendwo hin.
Aber wohin gehen? Weiß ich nicht. Weil ich nicht weiß, wo du hingehen willst. Und wenn du es auch nicht weißt, haben wir ein Problem. Also fange ich damit an, die drei "Grund-Wege" zu benennen. Nach oben, nach unten, oder gleich.
Zwei Möglichkeiten:
WEG von unten. (Ich weiß, was ich nicht will) HIN nach oben. (Ich weiß, was ich will)
Und die dritte:
Geradeaus. Keine großen Veränderungen, wenn einem kleine genügen würden. Erhalten, was ist. Vielleicht die eine oder andere Kleinigkeit optimieren, dann passt alles. (Ich habs schon gefunden, aber es könnte noch optimiert werden)
Ich persönlich habe keine prominenten Vorbilder, jedenfalls nicht im klassischen Sinn, und ich hege eine gewisse, distanzierte Skepsis gegen Fankult. Für mich ist das auch eine Form von Sucht. Wenn jemand einen Nervenzusammenbruch erleidet, weil Justin Timberlake eine neue Freundin hat...bedenklich. Wenn jemand all sein Geld dafür ausgibt, dem Wendler auf seiner Tournee nachzureisen? Wenn jemand seine Freunde verrät und verkauft, nur um Kohle zu machen? Alles Streben nach Glück. Alles einseitig. Und es wirkt auf Außenstehende ungesund. Ein Mensch, der seinen Blick nur nach oben richtet, entfaltet nicht das eigene Potenzial. Er bringt nichts eigenes hervor.
Ich schaue auch kein Fledder-TV. Ich finde die Messiesendungen schrecklich und habe häufig davor gewarnt, sie als Ausweg aus dem Elend in Betracht zu ziehen. Ich warne überhaupt davor, sich auf andere Menschen als Lösung einzulassen, denn die Gefahr ist zu groß, dass man dann an jemanden gerät, der einen nur ausnutzt, und selbst mehr Vorteile daraus zieht, als er einem Vorteile einbringt. Ich verbiete niemandem, es trotzdem zu tun, kann ich gar nicht, sondern ich warne nur davor, was passieren kann - wovor man auf der Hut sein sollte. Ein Mensch, der nur nach unten schaut, hat keine Notwendigkeit, sich weiter zu entwickeln. Erhaltungsarbeit genügt völlig. Warum nach mehr streben, wenn man allen anderen sowieso schon überlegen ist?
Diese Art von Sendungen (Dschungelcamp, Messie-TV, Frauentausch) wird gemacht, damit die Leute was haben, auf das sie herabschauen können. Und die Sendungen, in denen Prominente ihren coolen Lifestyle zeigen, in denen es von teuren Autos, Luxusvillen, schönen Frauen und Brillanten wimmelt, werden gemacht, damit die Leute zu etwas aufblicken können. Für mich ist beides Illusion, und beides hält uns davon ab, die Wirklichkeit zu sehen. Unsere Welt, so wie sie ist. Das eine sind Träume, das andere Albträume. Inszeniert, um vermarktet zu werden. Um Geld zu verdienen. An Leuten, die lieber zugucken, als zu handeln. Die konsumieren, statt zu verändern. Die träumen, anstatt zu leben. Ich mache niemandem, wirklich niemandem einen Vorwurf, wenn er zu diesen Leuten "dazwischen" gehört, die nach oben oder nach unten was zu gucken haben. Wir werden alle darauf getrimmt, beinahe von Geburt an. Träumen, kaufen, konsumieren. Man zeigt uns, wovon wir träumen sollen, und das kaufen und konsumieren wir dann.
Suse und ALLE hier gehören für mich DAZWISCHEN. Wir sind weder ganz oben, noch ganz unten. Für mich seid ihr alle normal, die eine oder andere ist sogar schon auf dem Weg, außergewöhnlich zu sein. MEIN Vorbild zu sein. Hier gibts keinen, den ich nicht gern mal persönlich kennenlernen würde, und keinen, der mein Leben nicht bereichert hätte. Also gibt es hier auch selbstverständlich KEINEN, den ich in irgendeiner Weise verachte.
Ich weiß nicht, wohin suse (oder sonst jemand) gucken will. Ich weiß nicht, was suse (oder sonst jemand) im Leben anstrebt. Ich weiß nicht, was für sie funktioniert. Ich weiß nicht, wodurch sie sich belohnt fühlen könnte, und ich weiß nicht, wodurch sie sich motiviert fühlen könnte. Aber ich kann jeden fragen, der hier im Forum liest: Was sind DEINE Träume? Was willst DU erreichen? Was willst du verändern? Willst du von etwas weg, oder zu etwas hin? Oder fühlst du dich eigentlich so, wie du lebst, schon recht wohl - bis auf ein paar Details?
Egal, welche Richtung jemand einschlagen will: Erfüllbare Bedingungen formulieren und sich erreichbare Zwischenerfolge dafür gönnen, dass mans geschafft hat, ist ein guter Weg. Nicht der einzig mögliche Weg, aber einer mit einer relativ hohen Durchhalte- und damit Erfolgswahrscheinlichkeit.
Ich bewundere dich dafür, dass du mit Menschen so einfühlsam sprechen kannst, wie du es im internen Forum schon mehrfach getan hast. Ich bewundere dich dafür, dass du Dinge kürzer fassen kannst als ich. Und vielleicht gibst du ihnen damit mehr, was sie gerade brauchen. Du bringst ihnen Wertschätzung entgegen, und ich versuche, ihnen beizubringen, wie sie sich selbst Wertschätzung entgegenbringen können. Wenn ich ihnen schon gebe, was sie brauchen, nehme ich ihnen gleichzeitig den Grund, etwas ändern zu wollen. Deshalb verzichte ich zumeist darauf, aus Vorsicht, denn ich will nicht, dass Menschen von meiner Wertschätzung abhängig werden. Aber nur weil ich die Wertschätzung - bewusst - nicht formuliere, heißt das nicht, dass sie nicht da ist. Meine Wertschätzung zeigt sich hoffentlich darin, dass ich mir Zeit für die Texte nehme, mir Gedanken mache und versuche, auf jeden persönlich einzugehen, und gleichzeitig so allgemein zu formulieren, dass jeder sich angesprochen fühlen kann, ohne sich auch angegriffen zu fühlen. Bisher, so dachte ich, sei mir das weitgehend gelungen. Nun, vielleicht habe ich es diesmal versaut, vielleicht hast du es in den falschen Hals gekriegt. Viele Wege führen aus dem Elend. Je mehr davon angeboten werden können, desto wahrscheinlicher ist einer dabei, der für andere Menschen der Richtige ist. Dein Weg kann genauso richtig sein wie meiner, und vielleicht funktioniert die Kombination aus beiden noch besser als jeder für sich allein.
@suse Wenn ich das nun richtig verstanden habe dann belohne ich mich zukünftig mit der Erkenntnis das es mir besser geht ich mehr Energie habe weil ich kein schlechtes Gewissen mehr habe nichts getan zu haben
Ja, aber das passiert erst, wenn es zum Selbstläufer wird. "Zukünftig", wie du schon sagst. Wenn du die Erfahrung gemacht hast, wie sich diese neue Herangehensweise anfühlt, erschafft es aus sich selbst heraus viel Motivation. Bis wir das erreichen konnten (d.h. bis sich entsprechende neuronale Verknüpfungen bilden konnten), können dingliche Belohnungen gewissermaßen als Krücken dienen. Es fällt schwerer, sich selbst einfach mal zu glauben, dass man sich danach besser fühlen wird, als sich zu sagen: "Hey komm, wenn du das jetzt machst, bekommst du dafür zusätzlich ein schönes [Hier-Belohnung-deiner-Wahl-einfügen]" Je mehr Motivation aus den positiven Empfindungen kommt, mit deren Auftreten dein Gehirn nach dem Erfüllen der Aufgabe rechnet, desto weniger große dingliche Belohnungen braucht man dann noch, um sich zu motivieren. Außerdem kann man noch die Aufgabenstellungen verkleinern, dann braucht man weniger Motivation, um sie anzugehen.
Das Marmeladenglas macht auf jeden Fall Sinn. Viele arbeiten damit, oder mit etwas Ähnlichem. Zum Beispiel auch Listen, auf denen man etwas abhaken kann. Das Entrümpelspiel gehört auch dazu. Vielleicht fällt dir auch noch etwas ein, was du konkret mit dem Geld machen willst. Dann kannst du herausfinden, was es kostet, und so besser abschätzen, wann du es dir leisten kannst. Oder du legst fest, bis zu welchem Betrag du sammeln willst, und dann gibst du es "aus Spaß am Shoppen" aus. Oder über welchen Zeitraum du sparen willst. Eine Woche, zwei, vier? Denn bis zum konkreten Einlösen des Geldes wird die Belohnung aufgeschoben. Wenigstens kleine Belohnungen sollten aber immer sofort verfügbar sein und direkt im Anschluss an das Geleistete folgen. Sonst erlangt dein Gehirn keine Gewissheit, dass auf die Leistung immer etwas Angenehmes erfolgen wird. Nur mit der Aussicht darauf, irgendwann vielleicht mal was Angenehmes zu bekommen, kannst du sehr wahrscheinlich auf Dauer nicht genug Motivation erzeugen. Damit lässt sich das Gehirn zwar eine Zeitlang hinhalten, aber man kann im Voraus nicht wissen, wie lange. Deshalb tastet man sich besser von unten nach oben heran. Von "sofort" auf "zur vollen Stunde", "zum Feierabend", "zum Wochenende" bis hin zu zum Beispiel "nächsten Sommer". Was natürlich nicht heißt, dass man die kleineren Highlights aufgeben und hinter sich lassen muss. Eher so herum, dass man erst anfängt, kleine Highlights in sein Leben einzubauen, und dann nach und nach immer größere mit dazu zu nehmen.
Man muss ausprobieren. Vom nachdenken, lesen und schreiben alleine passiert nichts.
@Sprudel... einfach nur wow... 1. Danke für die Mühe die du dir hier im allgemeinen machst... (Gestaltung des Forums ) 2. Danke für die Mühe die du dir bei Antworten und individuellen Ratschlägen machst Und 3. auch ein danke für die ausführliche Antwort in Richtung Tara auch da stehen wieder so viele lesens und wissenswerte dinge drin..
Danke auch an Bea die mir das Forum hier gezeigt hat... fühle mich sehr wohl und merke das es ein guter Weg ist hier zu sein...
OMG! WOW! Was ein geniales Statement. Da fühle ich mich aufgehoben. Richtig gut aufgehoben! Danke dafür, das Lesen war eine Freude für mich. Vieles sehe ich sehr ähnlich, besonders im Bezug auf Medien & Konsum. Sehr durchdacht und reflektiert, das Ganze, so wie auch Deine Hilfetexte. Alle Achtung!
@suse, ich habe es in einer ziemlichen Kleinarbeitsfledderarie geschafft, mir die Dinge, die ich zwar gerne als getan sehe (Haushalt o. ä.) jedoch eigentlich ungerne tue (wer schrubbt schon gerne den fettigen Ofen?), quasi schmackhaft zu machen. Sowas wie Selbstüberlistung, na ja, ein bisschen nur. Ich habe zuerst einmal das "Putzen ohne zu putzen" perfektioniert. Damit meine ich, dass ich z. B. am Morgen, beim Waschen und Zähneputzen, einfach nochmal mit dem Waschlappen das Becken und den Wasserhahn abwische und mit den Handtuch nachtrockne. Dann blitzt es und der Spiegel vom Badschrank kommt auch noch fix mit dran. Das sorgt dafür, dass immer alles recht sauber bleibt und ich nicht so oft mit dem Vorsatz "Putzen" (um des reinen Putzens willen) in Kontakt komme. Gleiches gilt für ein großes Geschäft. Wenn ich eh die Klobürste benutze danach, sprühe ich diese fix mit dem stets daneben bereitstehenden Reiniger ein und gehe einige Male durch - fertig. Und so mache ich das mittlerweile fast automatisch bei jeder Gelegenheit. Beim Essen auffüllen reinige ich bereits den Herd mit, beispielsweise. Überall (in jedem Raum) stehen Reiniger herum und liegen Lappen bereit, so dass ich ratzfatz durch bin, ganz nebenbei und es gar nicht erst richtig siffig wird. Ein Wischer mit feuchtem Bezug und Sprühmechanismus steht im Flur, den muss ich nur nehmen, wenn es Tappser gibt usw. In jedem Klo steht Desinfektionsspray. Das auf Brille, Rand und Deckel, mit Klopapier fix nachgewischt und das Klo ist wieder okay. Und so weiter....
Gut, ganz kann ich mir das reine Putzen nicht ersparen (wegen meiner hyperkritischen Maßstäbe, die auch nicht unbedingt dienlich sind). Aber wäre ich weniger pingelig, dann würde dieses "Nebenbeigeputze" wenigstens eine gewisse Grundsauberkeit aufrecht erhalten und zwar ohne, dass ich dafür extra Zeit opfern müsste. Womöglich wäre das auch etwas für Deine Zwecke, jedenfalls bis Du eine bessere Lösung für Dich gefunden und etabliert hast. Du könntest erst einmal rumprobieren, wie Du das mit Deinen "Belohnungen" handhaben willst in Zukunft. Anbei bemerkt, auch das Putzen kann eine Belohnung sein, besser gesagt das, was dabei am Ende rauskommt. Es gibt kaum etwas, das einen zufriedener machen kann, als wenn man sieht was man getan hat und wenn das dann noch gut riecht (z. B. wenn Du Lenortücher im aufgeräumten Schrankfach deponierst), dann kann das ein sehr gutes Gefühl geben.
Arbeitest Du mehr körperlich oder mehr geistig, wenn ich mal so unverblümt fragen darf.(?)
Hallo Frau Mond... Danke für deine Tipps und die Ideen wie man ohne extra zeit so ganz eben nebenbei was machen kann.. Damit ich das anfangen kann umzusetzen muss ich aber erstmal nen grund hier reinkommen. Hier war wirklich sehr vermüllt und ich hoffe das es nie wieder so wird und ich jetzt nach und nach weited alles aufräumen werde... Momentan liegt meine Motivation ja darin das ich aktuell kein Internet habe und ich nen techniker hier reinlassen muss damit das wieder geht.. hoffe das es bald soweit ist und ich mein (heissgeliebtes) wieder Internet nutzen kann... Ich hab nen Bürojob also nix körperliches
Huhu suse, das hatte ich gelesen, also Deine akute Situation. Ich bezog mich bei meiner Antwort eher auf diese Frage von Dir (was ich vermutlich besser direkt hätte dazuschreiben sollen, sorry):
ZitatKann man sich unx sein Verhalten dauerhaft so von jetzt auf gleich verändern?
Kann man. Man muss es "nur" tun. Nicht über den Sinn nachdenken, nicht an Zukunft oder Vergangenheit denken, sondern "einfach tun" (ein bisschen roboterlike) und darauf vertrauen, dass der Sinn sich schon zeigen wird, mit der Zeit. Zum Arbeiten dann morgen noch was, jetzt bin ich zu müde und muss ins Bett.
ZitatKann man sich unx sein Verhalten dauerhaft so von jetzt auf gleich verändern?
Kann man. Man muss es "nur" tun. Nicht über den Sinn nachdenken, nicht an Zukunft oder Vergangenheit denken, sondern "einfach tun" (ein bisschen roboterlike) und darauf vertrauen, dass der Sinn sich schon zeigen wird, mit der Zeit. Zum Arbeiten dann morgen noch was, jetzt bin ich zu müde und muss ins Bett.
Gute Nacht.
Wünscht: Frau Mond
Da liegt der Hund begraben! Das wusste schon Goethe:
„Es ist nicht genug, zu wissen, man muß auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muß auch tun.“
Johann Wolfgang von Goethe (Werk: Wilhelm Meisters Wanderjahre)
Liebe Grüße von Polly,
die meint: Getan, ist besser als perfekt!
Nichts verändert sich, bis man sich selbst verändert. Dann plötzlich verändert sich ALLES.
Guten morgen.. Ich glaub wäre es so einfach zu sagen "ok ich stell mal eben auf Roboter um und tu es einfach" dann wäre diesee Forum nicht notwendig und Sprudel bräuchte nicht so viele tolle tipps und Vorgehensweisen aufschreiben wie sie es tut.. Wäre genauso wenn ich zu dir (Frau Mond) sagen würde "relax doch mal einfach schau nicht was andere denken... setz dich doch einfach nicht mehr so unter druck lass fünfe gerade sein" Klar das kann man lernen aber das ist kein Prozess der "mal eben schnell" gemacht ist "nur" weil man es "nur" tun muss...
Zitat von suseGuten morgen.. Ich glaub wäre es so einfach zu sagen "ok ich stell mal eben auf Roboter um und tu es einfach" dann wäre diesee Forum nicht notwendig und Sprudel bräuchte nicht so viele tolle tipps und Vorgehensweisen aufschreiben wie sie es tut.. Wäre genauso wenn ich zu dir (Frau Mond) sagen würde "relax doch mal einfach schau nicht was andere denken... setz dich doch einfach nicht mehr so unter druck lass fünfe gerade sein" Klar das kann man lernen aber das ist kein Prozess der "mal eben schnell" gemacht ist "nur" weil man es "nur" tun muss...
Aber Du hättest recht damit, suse! Es ist genau das. Ich weiß es (wieder - in Einnerung gerufen mit Hilfe des Forums) und nun muss ich es "einfach nur" tun. Gestern habe ich es getan und heute sprühe ich vor Energie, auch wenn ich, als ich vorhin aufstand, Mordsschmerzen hatte. Meine Fibromyalgie macht was sie will. Aber mittlerweile habe ich meine Umgehensweise damit und nun, nach den ersten Amtshandlungen des Tages, geht es schon wieder. Ich musste lernen, mich nicht selbst zu sabotieren, indem ich Gedanken hege, wie: "Das schaff ich nie...." oder: "Warum ich, ich habe Schmerzen, ich bin fertig, mir ist so viel Mist passiert im Leben...." u. ä. m.
Gedanken werden innere Einstellungen, verfestigen sich, wenn man sie oft genug denkt. Das funktioniert im positiven, wie im negativen Sinne. Denkst Du oft genug: "Ich muss es nur tun...." - dann wird daraus ein Handlungsimpuls und irgendwann ein Automatismus. Wenn es so weit ist, dann hast Du (etwas zurück)gewonnen und zwar Lebenszeit und die Kontrolle über diese. Könnte ich zum Beispiel immer und ständig Fünfe gerade sein lassen, dann wäre mein Leben perfekt. Klingt verrückt, oder? Ich, die Perfektionistin, die sich durch ihren Perfektionismus ihr Leben verleidet, das ohne ihn perfekt wäre. Ich muss es "nur" endlich lernen sein zu lassen. Und genau das denke ich jetzt immer, wenn mich der Wahn wieder überkommt. Ich denke: "Du muss es nur tun, lass es einfach und geh mit dem Hundi schmusen oder setz Dich in die Sonne. Alles ist gut...."
Das klappt (noch) nicht immer. Ich ringe ganz bewusst mit mir. Ist ja auch klar, ich habe gerade erst (wieder) angefangen. Aller Anfang ist schwer, wie es so lapidar heißt. Und genau so ist es. Aber das ändert nichts am Wahrheitsgehalt der Aussage, dass man es "einfach nur" tun muss, damit man etwas ändern kann. Auch wenn es alles andere als "einfach" (im Sinne von "leicht") ist. Aber so funktioniert es mit alles psychischen Mechanismen; wenn das jemand weiß, dann ich. Ich habe mich aus der kompletten Lebensunfähigkeit wieder herausgekämpft, als niemand mehr einen Pfifferling auf mich gegeben hätte, so fertig war ich und seelisch so zerstört. Ich hatte Todesangst vor dem Tageslicht, so weit war es mit mir gekommen. Vor die Tür zu gehen war utopisch und ich wäre verhungert, hätte mein Exmann nicht das Einkaufen übernommen. Und irgendwann, in all dieser Dunkelheit in mir, war dieser Gedanke wie ein kleines Licht: "Denk nicht drüber nach, tu es einfach!" Und so schaffte ich das, was ich, hätte ich vorher darüber nachgedacht, niemals geschafft hätte, ich ging wieder vor die Tür.
Zaghaft zuerst und nur für ein paar Minuten. Aber ist merkte, wenn ich nicht nachdachte, sondern mich flugs anzog und "einfach" nach draußen stürzte, dann war ich schneller als die Angst. Und wenn ich dann erst einmal draußen war, dann war es halb so schlimm. Und genauso ist es mit Tätigkeiten, die man vor sich herschiebt. Wenn man darüber erst großartig grübelt, dann werden sie so groß, so riesig, so gedanklich beherrschend, dass man davon bereits so erschlagen ist, dass man gar nicht mehr die Kraft hat sie anzugehen. Fängt man jedoch "einfach" erst einmal irgendwo an, dann ist man oft sogar wesentlich schneller und es fällt leichter, als man es all die Male vorher, in denen man im Grübeln darüber steckengeblieben ist, sich vorgestellt hat.
Und in meinem Falle, der fehlenden Akzeptanz der eigenen Fehlbarkeit, hilf es oft, es "einfach" sein zu lassen und etwas Anderes zu tun. Es "einfach" zu tun. So ist dieses "einfach" zu verstehen. Nicht in dem Sinne, dass es leicht wäre. Sondern in dem Sinne, dass man es ohne großartiges Nachdenken und möglichst spontan tut (oder in meinem Falle auch mal lässt).
Du hast vollkommen Recht mit allem, was du schreibst. Das Schwierige ist die Verständnis-Brücke zwischen euch beiden. Zu erfassen, dass es in einem anderen Kopf so fremdartig anders zugeht. Der entscheidende Unterschied ist: " Ich weiß es (wieder - in Einnerung gerufen mit Hilfe des Forums) und nun muss ich es "einfach nur" tun." Kenn ich. Und ich bin 1,5 Jahre daran schier verzweifelt, dass niemand es "einfach mal" ausprobieren wollte. Warum nicht? Warum tun die sich so schwer damit? Hab ich mich immer wieder gefragt. Und schließlich Antworten gefunden.
Du hast einen riesigen Vorteil, du kannst dich erinnern. Neuronale Verknüpfungen sind da, müssen nur reaktiviert werden. Geht manchmal superfix, ein, zwei Tage. Suse kann das leider nicht, wenn sie sagt, sie war als Kind schon so. Die neuronalen Verknüpfungen existieren nicht oder sind vergleichsweise sehr schwach ausgeprägt, sie nutzen ihr nichts - oder jedenfalls nicht in dem Ausmaß, wie dir. Sie müsste jetzt dieselben Erfahrungen nachholen, die du gemacht hast, und würde dann zu derselben Erkenntnis zu kommen. Aber um gezielt eine Situation zu initiieren, die diese Erfahrungen erlebbar macht, muss man sich entweder vorstellen können, dass es hilfreich sein könnte, was viel mit Vertrauen zu tun hat, mit Überzeugungsarbeit - oder man muss vollkommen verzweifelt sein und einfach nach jedem noch so popeligen Strohhalm zu greifen bereit sein, ohne ihn groß zu hinterfragen. Darum ist "einfach" leider nicht so einfach, wie es klingt Das nur nebenbei, sozusagen als Erklärung, warum es so schwierig ist, das alles so zu formulieren, dass es vom Kopf des anderen akzeptiert werden kann. Diese Trennwände sind überall zwischen uns, zwischen allen Menschen, weil jeder andere Erfahrungen gemacht hat, jeder ein anderes Leben lebt. Ein Beispiel: Reiche Menschen können sich nicht vorstellen, wie es ist, arm zu sein. Sie können es einfach nicht, auch nicht, wenn sie es ernsthaft versuchen - solange die persönliche Erfahrung fehlt. Ein zweites, vielleicht noch einleuchtenderes Beispiel: Teenager können sich nicht vorstellen, dass ihr erster Liebeskummer irgendwann vergeht - das ist der Grund, warum sie darunter so entsetzlich leiden. Wir Erwachsenen haben das alle auch mal durchgemacht, und wissen, dass es leichter wird. Aber wir können sie nicht davon überzeugen, und dadurch bewirken, dass es leichter für sie wird. Das kann nur die Zeit, und mit ihr die persönliche Erfahrung, das Erlebnis, dass es tatsächlich leichter wird. Zu diesen Trennwänden zwischen unseren Erfahrungen kommt dann noch der Semmelweis-Reflex erschwerend hinzu. Was sich ein Gehirn nicht vorstellen kann, wird reflexartig abgelehnt. Das ist keine Frage von Bildung, weil es auch hochgebildeten Menschen passiert. Aber man kann wissen, dass das eigene Gehirn Dinge reflexartig ablehnt, wenn man keine dazu passenden Erfahrungen hat - weil alle Gehirne das tun - und sich selbst dazu aufrufen, diesen Reflex zu unterdrücken, und das - bis jetzt noch - Undenkbare zu untersuchen (damit zu experimentieren), um es entweder zu bestätigen oder zu widerlegen.
Man muss ausprobieren. Vom nachdenken, lesen und schreiben alleine passiert nichts.
Stimmt schon, Sprudel. Daher hatte ich es ja auch mit den konkreten Handlungsvorschlägen versucht, des "Putzens ohne putzen", wie ich das für mich nenne. Leider kann suse damit (noch) nicht so viel anfangen, weil sie erst einmal den Eindruck hat, dass sie alles einer Grundreinigung unterziehen müsste. Ich persönlich würde mit "Inseln" arbeiten, die ich dann mit dem "Putzen ohne zu putzen" versuchen würde vor dem neuerlichen Versinken (im Chaos) zu bewahren und das Ganze dann auf immer mehr Inseln ausdehnen, bis die ganze Bude eine einzige Insel wäre. Denn das ist auch so ein Frustfaktor, soweit ich weiß, dass das mühevoll freigelegte und so hart erarbeitete Ergebnis viel zu schnell wieder versinkt, weil man an einer anderen Front das Arbeiten begonnen hat.
Und diese Erfahrung ist es dann, die die Verzagtheit begünstigt, zu meinen, dass man es nie schaffen wird, weil man dem Irrtum erliegt, dass es immer solch eines Kraftaktes, wie den für die Grundreinigung, bedürfen würde, den man jedoch nicht andauernd und tagtäglich wird leisten können. Jemand der neuronale Verknüpfungen hat, der weiß (erinnert sich), dass dieser Kraftakt der Grundreinigung eine außergewohnliche Belastung ist, die nur einmal fällig wird, nämlich am Anfang und danach nie wieder, wenn man es schafft eine gewisse Routine zu etablieren (bei mir das "Putzen ohne zu putzen). Also im Endeffekt habe ich versucht auszusagen (auf suses Frage hin), dass es "nur" am Anfang so schwer ist und danach besser werden wird, wenn sie es schafft sowas wie eine "Nebenbeireinigungsroutine" zu entwickeln, die man "einfach nur" tun muss, immer dann wenn man eh gerade dabei ist. (Also Kloputzen beim Toilettengang, Waschbecken beim Waschen reinigen, Flur hinter sich her wischen, wenn man gerade durchläuft etc.)
Und jetzt habe ich es nochmal versucht zu erklären, in der Hoffnung, dass suse es sich dann besser vorstellen kann, was ich meine. Du, Sprudel, hast z. B. in meinem Vorstellungsthread aufgemerkt, als ich schilderte, dass ich mehrmals wöchentlich die beiden Klos einweiche. Und das, wie Du schriebst, für zwei Personen, von denen eine fast den ganzen Tag nicht da ist. Richtig. Ich tue das aus Zeitersparnis und Energiespargründen. Das ist eine einfache Rechenaufgabe. 3-4x2 Minuten (kurz einweichen, durchbürsten und drüberwischen) = 6-8 Minuten .............. 1x wöchentlich Grundreinigung einer/zweier dann wirklich schmutziger Toiletten, kommt bei mir auf 15-25 Minuten, nebst Ekelfaktor. Ergo: Muss nicht sein.
So mache ich das mit allem. Daher steht und liegt hier in jedem Raum passendes Putzzeug bereit, das ich immer so nebenbei bemühe. Dann wird es gar nicht erst so schmutzig, dass ein Kraftakt der Grundreinigung erforderlich wird, bzw. nur, wenn mein Perfektionismus mal wieder mit mir durchgeht.